
Nun durchstreife ich Granada ja schon seit Jahren und immer wieder entdecke ich Neues, Kurioses und Nachdenkliche, wovon die nun nachfolgenden Fotos und Kommentare erzählen:
Es ist ein buntes Völkchen, dass sich da so in den Gassen Granadas tummelt;
Schlabberkleider, Rastalocken und Haremshosen bestimmen weitgehend das Bild des Albayzin
Gitanos (Zigeuner) - Studenten - Aussteiger - Weltverbesserer -
Dieses provozierende Vehikel stand auf einem kleinen Parkplatz. Ein Weltverbesserer? Nun ja, soll jeder nach seiner Fasson selig werden - dieser deutsche Jesusjünger ist jedoch nicht gerade unsere Kragenweite
und dann noch das:
Der Haddsch - Oh, jetzt kann man hier auch seine Pilgerreise nach Mekka starten 😲
Keine Angst, das wird ganz sicher nicht unsere nächste Reise 😉
Der Albayzin ist das wohl arabischste Viertel Granadas mit seinen kleinen niedrigen Häuschen im engen Gassenwirrwarr. So wunderten wir uns auch nicht, in einer winzigen, schmalen Gasse auf das
zu stoßen.
Wieso entdecke ich erst jetzt dieses Zentrum und - was wird hier publiziert?
Ist es als Bedrohung für Andersgläubige zu verstehen, was hier zum mitnehmen ausliegt?
Vor 9/11, dem IS und den Drohungen Erdogans hätte ich unbefangen den Dialog gesucht;
heute kann ich das nicht mehr.
Nur ein paar Schritte weiter befinden wir uns am Mirador de San Nicolás mit dem schönen Blick auf die Alhambra
Laut Bill Clintons Urteil ist nirgendwo auf der Welt der Sonnenuntergang schöner sei als an dieser Stelle
(Quelle: Helge Sobik / Hamburger Abendblatt
Und gleich neben der Kirche San Nicolás: Granadas Große Moschee.
Auch das gibt es in friedlicher Koexistenz scheinbar nur hier.
Aber ist es wirklich so friedlich wie es scheint? Bei näherem Hinsehen hat sich hier das mächtige Erzbistum Granada wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert. Nun ja, Fundamentalismus gibt es halt auf beiden Seiten.
Diese Mezquita ist die erste Moschee, die nach 500 Jahren im Albayzin 2003 erbaut wurde. Zum Festakt ihrer Eröffnung berichtete Al-Jazeera live in die arabische Welt.
Der Islam kehrt nach Andalusien zurück, heißt es in einem Artikel der TAZ - ist das jetzt als Bedrohung zu sehen?
Die Hinterlassenschaften der maurischen Kultur sind sicherlich unbestreitbar und die Toleranz
damaliger Herrscher lobens- und nachahmenswert.
Doch den Muslimen der jüngeren Generationen möchte man dennoch genau ins Gebetbuch sehen. (Zitat aus dem treffenden Artikel "Maurisch ist Mode" von Merten Worthmann:
http://www.zeit.de/2004/29/Granada)
Verlassen wir hier mal das muselmanische Thema; schau'n rein ins katholische Granada 🤔
Die Semana Santa, die "Heilige Kuh Spaniens" - man soll es nicht glauben, ist einer der großen Wirtschaftsfaktoren des Landes. Unzählige Handwerksbetriebe (Schreiner, Schneider, Drechsler, Stickerinnen, Kerzenzieher) sind das ganze Jahr mit den Vorbereitungen für die Prozessionen der "Heiligen Woche" beschäftigt. Bäcker und Konditoren arbeiten unermüdlich an kalorienträchtigen Semana-Santa-Spezialitäten und die Hotels in den Touristenorten rüsten zum Endspurt vor dem großen Ansturm. Kistenweise werden erlesene Spezialitäten in die Restaurants geschleppt.
Es ist unglaublich, was wir da zu sehen bekommen und wir stellen uns täglich die Frage:
Und das hier soll ein armes Land sein? Unvorstellbar! 😲
Nicht nur in Granada schmücken Plakate mit Szenen aus der Passion die Wände in Bars und Geschäften. Aber in Granada und ganz besonders im Stadtteil Albayzin ist es schon ganz speziell.
Im andalusischen Fernsehen brachten sie letztens eine Reportage über eine Tapasbar, die über und über mit Heiligenbildnissen, Szenen der Passion und religiöse Devotionalien dekoriert ist und wo die Luft (vom hin- und herschwenkenden Weihrauchfass) weihrauchgeschwängert ist. Die Tapas sollen exzellent sein, denn der Laden brummt. Das ist wohl der Glaubensalltag Granadas

Manchmal kommen einem da schon Zweifel

Luis, der Sacristán der Gemeinde zeigt mir nach der Messe stolz die Kirche
und posiert danach gern mit der Madonna
Vor der Stadtverwaltung von Granada:
Oh nein, ist das hier auch eine Erdogan-Kundgebung? Ich sehe nur das Rot der Fahnen.
Nein, es ist nicht Erdogan, es ist eine Gewerkschaftskundgebung:
Arbeiter der Alhambra, die auf dem gegenüberliegenden Hügel im Albayzin leben, kämpfen darum, dass die Busverbindung Albayzin-Sacromonte-Alhambra wieder aktiviert wird. Hintergrund: Vor etwa 2 Jahren wurden die Strecken der Linien der kleinen Citybusse völlig umorganisiert. ist Mode"
Um Missverständnissen vorzubeugen: Auch wenn die Unterschiede zwischen den Kulturen (alleine schon innerhalb katholischer Traditionen) recht groß und die islamische Gefahr** nicht zu unterschätzen ist, gefällt uns das Leben hier ausgesprochen gut.
** Die Terrormiliz Al-Nusra greift schon lange nach den alten Kalifaten Cordoba und Granada.
Marbella ist heute schon fast ganz in maurischer Hand (u.A. besitzt der Onkel von Baschar al-Assad hier unvorstellbare Reichtümer)
Jetzt fragt sich sicher der eine oder andere, wie ich an all die Informationen komme? Ganz einfach, wir schauen jeden Abend ins andalusische Lokalfernsehen und lesen (so gut es geht) lokale Zeitungen; so manches steht in einer deutschsprachigen Wochenzeitung und bei gezielter Suche ist auch das Internet eine wahre Fundgrube. Ach ja, und mit den Spaniern - vor allem in den kleinen Orten - reden wir hier natürlich auch.