Ohne seine fast 800-jährige maurische Geschichte wäre Granada nicht Granada und würde kaum jemanden verlocken, dieses Gebiet am Fuße der Sierra zu bereisen. Nun will ich euch aber nicht mit langweiligen Geschichtsdaten kommen, sondern nur ein paar Gedanken einfügen, die mir so durch den Kopf gehen, während ich Granada durchstreife.
Ohne die Alhambra mit seinem Generalife und den Palacio Nazaries und dem Status des Weltkulturerbes wäre Granada auch nicht das, was es ist. Wer heute das Glück hat, zu den ersten Besuchern der Alhambra am Morgen zu zählen, fühlt sich – lustwandelnd vorbei an den akkurat geschnittenen Hecken, duftenden Blumen und leise plätschernden kunstvoll angelegten Wasserwegen des Generalife - wirklich in die Zeit der Sultane Granadas versetzt. Außerdem ist zu frühen Stunden noch alles in ein wunderbares Licht getaucht. Irgendwo in diesem zauberhaften Garten des Generalife entdeckte ich eine junge Frau, die auf einer Bank sitzend Washington Irvings „Erzählungen von der Alhambra“ las. Es gibt wohl keinen besseren Ort gibt, um diese Geschichten zu lesen. (Wer jetzt keine Lust auf Texte hat, kommt hier direkt zu den Fotos der Alhambra.)
Die erste Stunde konnte ich in Ruhe all die kunstvollen Zeugnisse der maurischen Vergangenheit Granadas im Generalife genießen. Doch dann zerriß die laute Schar (nicht nur) asiatischer Touristen das unsichtbare Band, das mich als frühen Besucher für eine Weile in die Zeit Boabdils um 1490 versetzt hatte.
Einen guten Artikel mit interessantem geschichtlichem Hintergrund habe ich hier gefunden.
Die vielen Heiligen Spaniens
Während unserer diesjährigen Reise durch Spanien ist es mir aufgefallen, wie viele Heilige es auf der iberischen Halbinsel gibt. Hier stolpert man regelrecht über die vielen, vielen Persönlichkeiten, die – geprüft durch das gestrenge Verfahren Roms – in den Kreis der Heiligen aufgenommen wurden. Natürlich kennt man als „guter“ Katholik den einen oder anderen von ihnen. In Avila auf den Spuren der Heiligen Theresia, der großen Kirchenlehrerin wandeln zu können war schon eines der Highlights dieser Reise und so quasi als Beigabe noch etwas von den vielen Heiligen mit Namen Johannes zu erfahren: Johannes von Avila (Juan de Avila), dem Heiligen Johannes vom Kreuz (Juan de la Cruz) zu erfahren, kann einem Reisenden ja auch nicht schaden. In Granada läuft man dann auch noch überall – wenn ich das mal so schreiben darf - Juan de Dios (Johannes von Gott) über den Weg, von dem ich bislang noch nichts gehört hatte und dessen Wirken und Tun dem von Elisabeth von Thüringen ähnlich ist. Er ist der Begründer des Ordens der Barmherzigen Brüder, die sich für die Bedürfnisse und Sorgen der Menschen einsetzen, die krank, behindert, alt oder benachteiligt sind. Hier ein Gemälde von Manuel Gómez-Moreno, das Juan de Dios darstellt, wie er Kranke aus dem brennenden Hospital Real de Granada rettete.
Ebenfalls in Granada „begegnete“ mir der Kapuziner Bruder Leopoldo, ein Heiliger der letzten Tage, der am 2. September 2010 von Papst Benedikt seliggesprochen wurde. Die Ruhestätte der Gebeine von Fray Leopoldo de Alpandeire ganz in der Nähe des Triunfo-Parks und des Hospitals Real ist mittlerweile zum Pilgerort vieler Gläubiger geworden.
Ja, die Spanier haben schon bemerkenswert viele Heilige in ihren Reihen
und vor vielen von ihnen neige ich ehrfürchtig mein Haupt.
Aber der Gedanke an so manch katholische Drahtzieher der spanischen Geschichte, die ja untrennbar mit der europäischen Geschichte verwurzelt ist, macht mich fassungslos und ziemlich wütend und je intensiver ich mich mit den Themen beschäftige, umso fassungsloser werde ich.
Da sind z.B. Isabell I von Kastilien und ihr Mann Ferdinand von Aragon, die durch Kriege und Belagerungen Spanien von der Maurenherrschaft befreiten. So schreibt es die Geschichte. Wer sich aber intensiver mit der Person Isabell I auseinandersetzt, erfährt, dass sie nicht zimperlich mit ihren nichtchristlichen Untertanen umgegangen ist. Juden und Muslime wurden nach ihrer Machtübernahme 1492 aus Spanien verjagt; andere wurden zwangsgetauft. Doch den Konvertierten traute Isabell nicht über den Weg. Ihnen wurde häufig der Prozess gemacht und nicht selten landeten sie auf dem Schafott.
Ach ja, und dann war es auch noch der „feine“ Borgia-Papst Alexander VI, der Isabell und Ferdinand den Titel „Katholische Könige“ verlieh. Was daran so skandalös ist? Nun ja, Papst Alexander VI mit seinen 9 Kindern müsste ja schon eigentlich Skandal genug gewesen sein.
Außerdem war Isabella ganz sicher kein frommes Vorbild ihrer Zeit. Nicht nur, dass sie nicht den Mann heiratete, den ihr Stiefbruder für sie ausgesucht hatte, nein, sie angelte sich den jüngeren Verwandte Ferdinand in eigener Initiative. Das war für die damalige Zeit schon ein unglaubliches Verhalten. Aber auch sonst war sie eine ziemlich machtbesessene Herrscherin, die sowohl mit dem Adel als auch dem spanischen Klerus umsprang, wie es ihr gefiel. Die Inquisition instrumentalisierte sie zu ihren eigenen Interessen und der Papst wurde kurzerhand mit der Drohung, ihm den Geldhahn zuzudrehen, erpresst.
Ein paar Jahrhunderte später eröffnete Papst Paul VI 1974 (zu Francos Herrschaft) den Seligsprechungsprozess für Isabella I und noch vor der 500-Jahrfeier (sie starb am 26.11.1504) versuchte man (das spanische Episkopat?) diesen Prozess zu beschleunigen. Ob jedoch der derzeitige Papst dem entsprechen wird? Ich hoffe nicht.
So, jetzt habe ich mich genügend auch mit den nicht gerade rühmlichen Geschichten Granadas und Spaniens beschäftigt und wende mich Im Zauber der Alhambra wieder meiner Besichtigungstour zu.