Der Vino Tinto hat's in sich

Wir sind immer noch in der Nähe des kleinen Dorfes Beas am Fuße der Sierra Nevada und der Platz ist gestern morgen so richtig leer geworden. Roland freut sich, dass die lauten Franzosen endlich abgereist sind und wir genießen in der immer noch wärmenden Spätnachmittagsonne ein Gläschen roten Landweins.

Wie lange mag es hier noch so ruhig bleiben? Schließlich ist ja Wochenende und das Wetter ist für Oktober hier noch außergewöhnlich warm und die Spanier kommen dann gern mit Zelten und . . . die Gedanken waren noch nicht zu Ende gedacht, als – oh Schreck, was ist das?

 

Ein Transporter mit einer großen Kiste oben drauf. Was mag das nur geben? Ist da jetzt eine lärmende Jugendgruppe im Anmarsch, die unmittelbar unter uns ein Riesenzelt aufbauen und dann das Flatrate-Komasaufen veranstalten? Roland hatte schon die schlimmsten Befürchtungen.

 

Und dann sahen wir das Nummernschild des Transporters – ja gibt es denn sowas? Da verirren sich wirklich heimatliche Nachbarn hierher und geradewegs unter unserem Terrassenplatz. Und was lesen wir auf dem rheinischen Fahrzeug? Es ist ein Bikertransport; das verspricht zwar kein leises, aber vielleicht ein ganz lustiges Wochenende und so harren wir denn der Dinge die da kommen und prosten uns mit dem Vino Tinto zu.

 

Der Fahrer öffnet die hintere Türe und positioniert die Laderampe. Welche Maschinen werden wir jetzt zu sehen bekommen - Renn- oder Tourenmaschinen? Ob es sich um eine ähnliche Veranstaltung handelt, wie die Andalusienrundfahrt von BMW? Und während wir noch so vor uns hin sinnieren, da . . . Mensch, wir sind doch nicht besoffen – von einem Gläschen Roten kann man doch nicht halluzinieren:

Stolziert da doch tatsächlich ein ausgewachsener Burro aus der Transportkiste, läuft über die Wiese und testet, ob ihm das Grün der Sierra Nevada überhaupt schmeckt.

„Mensch, kneif mich mal, das glaube ich jetzt nicht, was ich da vor meinen Augen habe“ Aber auch das Kneifen hat das Bild nicht verändert; der Burro blieb Burro – aber die BMW’s kamen natürlich auch noch - irgendwann.

 

El Burro hat natürlich seine ganz spezielle Geschichte und auch wenn der Transporter aus der Kölner Nachbarstadt kommt, so ist der Esel nicht das Maskottchen der Biker ;-)

Nach ein paar Tagen, an denen el Burro nicht nur den Rasenmäher erspart, sondern sich auch noch an den Rebstöcken des Nachbarn gütlich getan hat, marschierte er freiwillig wieder in seine Kiste und wurde in seinen Heimatort in den französischen Pyrenäen zurück gebracht. 

 

Ach ja, el Burro hatte natürlich auch einen langen Weg hinter sich:

Seinem Herrn aus dem Bayernland, der in Südfrankreich schon 1.700 km auf dem Drahtesel hinter sich gebracht hatte, trug er ab einem kleinen Dorf in den Pyrenäen noch 3.000 km weit die Lasten bis hin zum letzten Punkt vor Afrika auf dem europäischen Festland.