Vor ein paar Tagen sind wir mal wieder mehr oder weniger zufällig in einem fast unheimlichen Ort gelandet:
Welch gottverdammtest Nest
Es ist Mittag - flirrende "Hitze" - kein Mensch auf der Straße
und der Wind wirbelt den Staub der Wüste auf
Kleine, einfache Häuser,
Kaktusfeigen ohne Ende,
ein wenig dornenreiches Gestrüpp
und du würdest dich nicht wundern,
wenn jemand langsam die staubige Gasse heruntergeritten käme und . . .
so oder ähnlich könnte er beginnen, der Western, oder?
Aber wir sind es nur, die hier im "Aprikosendorf" Albaricoque angekommen sind und nur nach einem Drink lechzen.
Und dennoch hat dieses "Nest" jede Menge mit den alten Italo-Western zu tun, denn Albaricoque, das sich in der Nähe befindliche Cortijo del Fraile und andere uns bekannte Örtlichkeiten waren die Originaldrehorte der 60er Jahre für viele Sergio-Leone-Filme.

Wir bestellen unser Bier und erhalten ein richtig gutes Tapa dabei und schauen uns die Fotos und alten Kinoplakate, ein paar Utensilien aus der damaligen Zeit (auch ein verstaubter, alter Revolver ist darunter) und trinken unser Bier.
Manolo, der Wirt hinter der Theke erinnert sich, als Kind in weißem Hemd und mit einem mexikanischen Sombrero auf dem Kopf vor der Kamera gestanden zu haben.
Folgende Texte stammen weitgehend von D.Selzer-McKenzie,
der Albaricoque 2008 besucht hat.
"Das war aufregend", sagt Manolo, "ich verdiente als Junge von acht Jahren an einem Tag genauso viel wie mein Vater in einer Schicht in der Mine." Auch seine Mutter und seine Tante begegnet man in Leones Filmen.
Für die Bewohner von Albaricoques war Sergio Leone ein Glücksfall. Bis er hierher kam, arbeiteten sie in den nahe gelegenen Goldminen von Rodalquilar und oft genug starben sie auch dort. Andernfalls ging man einige Jahre später im eigenen Bett am Staub aus der Mine zugrunde, der die Lungen zersetzte. Das Leben nahm seinen Lauf, ohne dass sich viel änderte. Die Häuser des Weilers waren weiß, die Frauen trugen Schwarz, Männer gab es wenige und im Sommer 1964 tauschten viele Bewohner von Albaricoques die Arbeit in der Mine gegen eine Statistenrolle in Leones erstem Western ein.
Ein alter Mann verlässt die "Bar Alba" und wirft Manolo einen verstohlenen Blick zu. "Der hat in allen Filmen mitgespielt, die Leone hier gedreht hat, er hatte sogar Text", sagt Manolo und lächelt. Ob denn keiner der Laienschauspieler aus Albaricoques stolz darauf sei, in solch berühmten Filmen mitgewirkt zu haben?
Manolo lächelt wieder: "Nein, eigentlich nicht. Damals war alles ganz anders. Eigentlich war niemandem so richtig klar, was wir tun. Wir hatten ja damals noch nie einen Film gesehen."
"Ich glaube, das erste Mal, dass dieses Dorf einen Film gesehen hat, war in den siebziger Jahren.
Es gab einen Jahrmarkt, da wurde eine Leinwand aufgebaut und ein uralter Schwarzweißfilm gezeigt. Das war wohl, kurz nachdem wir ans Stromnetz angeschlossen wurden."
Sergio Leones Filme hat Manolo erst in den Achtzigern gesehen "ohne großes Interesse, ich kannte ja all die Orte, die im Film auftauchen."
Inzwischen kennt er die Filme allerdings auswendig.
Für heute verabschieden wir uns aus diesem Western-Nest
Irgendwann werden wir wieder einmal hier einkehren -
vielleicht gibt es dann wieder etwas Albaricoque zu berichten.